Turbulenzmodellierung in FDS 6

In den bisherigen Versionen des Brandsimulationsprogramms FDS (Version 1-5) konnte zur Lösung für die bei hohen Reynoldszahlen entstehende Turbulenz zwischen einer direkten numerischen Berechnung oder einer Kombination aus direkter Berechnung und Modellierung der kleinen Skalen nach dem Modell von Smagorinsky gewählt werden. Das turbulente Verhalten von Strömungen im Brandfall stabil und hinreichend genau abzubilden, war mit dem gewählten Modell aus Sicht der Entwickler für die betrachteten brandschutzspezifischen Fälle möglich. In einer Abwägung zwischen der gewünschten Genauigkeit in Abhängigkeit der Anwendung und der numerischen Effizienz des Programms war das gewählte Modell ausreichend. Im Zuge der laufenden Entwicklung von FDS 6 haben die Hauptentwickler hierzu weitere Modelle implementiert. Vielleicht mag dies darin begründet sein, dass nicht nur neue Funktionen rund um die Simulation von Brandszenerien hinzukommen sollen (Modell zur Berücksichtigung von Anlagen der Gebäudetechnik (HVAC) oder einem Modell zur Simulation von Waldbränden (WUI-FIRE)), sondern auch die grundlegenden Modelle, wie zum Beispiel das Verbrennungsmodell weiterentwickelt wurden und werden.

Bereits anlässlich des 4. FDS-Usergroup-Anwendertreffens in Berlin im November 2010 wurde ein Testfall eines isothermen Freistrahles ausgehend von einem vorangehenden Vortrages im Rahmen des 2. Anwendertreffens mit dem seit der Version 5.3.0 implementierten dynamischen Smagorinsky-Modell wiederholt und ausgewertet. Die damals erzielten und vorgestellten Ergebnisse ließen hoffen.

Bei dem so genannten dynamischen Smagorinsky-Modell erfolgt die Bestimmung des Feinstruktur-Spannungstensors aus den aufgelösten Skalen, da diesem Modell die Annahme zugrunde liegt, dass die Interaktion hauptsächlich zwischen den kleinsten Skalen der Grobstruktur und den größten Skalen der Feinstruktur stattfindet. Die damaligen Versuchsergebnisse zeigen in Abhängigkeit der gewählten Diskretisierung bei gleicher Gitterweite eine deutliche Verbesserung schon bereits bei „größeren“ Gitterweiten gegebenüber dem konstanten Smagorinsky-Modell vorheriger Versionen.

Beispiel: FDS 5.3.0 mit DYNSMAG=.TRUE.
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Fortsetzung 2011

Nach der Implementierung der Modelle nach Deardorff und Vreman zur Feinstrukturmodellierung im September 2011 wurde in den vergangenen Wochen die Untersuchung des isothermen Freistrahl wiederholt. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die zeitintensive Berechnung mit dem dynamischen Smagorinsky-Modell offensichtlich zu guten Ergebnissen führt. Als „gut“ kann in diesem Zusammenhang verstanden werden, dass das Ergebnis im Bereich der analytischen Lösung des von Kümmel im Buch Technische Strömungsmechanik beschriebenen Berechnungsansatzes liegt. Nach Kümmel wird der Turbulenzgrad der Strömung vereinfacht durch die so genannte Mischzahl M beschrieben, die je nach Literaturangabe zwischen 0,1 und 0,4 liegt.

Isothermer Freistrahl Turbulenzmodelle

Auf den ersten Blick erscheinen die im Programm neu implementierten Modelle für die Feinstrukturmodellierung im Vergleich für den Fall des isothermen Freistrahls nicht so gut abzuschneiden.

Die Ergebnisse wurden nach Durchführung einer ersten Berechnungsreihe den Hauptentwicklern zur Verfügung gestellt. Nach Aussage von McDermott liegen die Vorteile von Deardorff und Vreman eher im Bereich von turbulenten Strömungen mit niedrigerer Reynolds-Zahl. Das dynamische Smagorinsky-Modell scheint bei niedriger Zellauflösung (D*/dx ≈ 5) schlechtere Ergebnisse zu erzielen. Weitere Untersuchungen zu den neuen Möglichkeiten der Turbulenzmodellierung laufen derzeit.

Ob alle drei neuen Modellansätze in der finalen Version von FDS 6 enthalten sein werden oder im Zuge der voranschreitenden Entwicklung wieder entfernt werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen.

Was bedeutet dies für den projektbezogenen Einsatz?
Diese Frage nach der Bedeutung der theoretischen Ãœberlegungen für den alltäglichen Einsatz eines Brandschutzingenieurs ist berechtigt. In der aktuellen Ausgabe der VDI-Richtlinie VDI 6019-2 „Ingenieurverfahren zur Bemessung der Rauchableitung aus Gebäuden“ aus dem Jahr 2009 heißt es in Kapitel 10.3.1.1, dass die Verwendung dieser Methoden [Anmerkung: gemeint sind in diesem Zusammenhangg die Modelle zur Feinstrukturmodellierung] auf zu groben Netzen oder mit zu großen Zeitschritten größere Fehler verursachen [kann]. Unter anderem aus diesem Grund ist der Richtlinie im Anhang C ein Datenblatt zur Dokumentation von Brandsimulationen mit CFD-Verfahren beigefügt. Nach Aussage der Richtlinie kann, je detaillierter die Angaben im Datenblatt gemacht werden, die damit dokumentierte CFD-Simulation und deren Qualität und Zuverlässigkeit besser beurteilt werden. Der beschriebene Weg und das formulierte Ziel der Väter der Richtlinie über die Qualität und Zuverlässigkeit ist zu begrüßen.

Zur Beurteilung einer CFD-Simulation sind Kenntnisse über das verwendete Turbulenzmodell unabdingbar. Sollten in Zukunft im Brandsimulationsprogramm FDS mehrere Modellansätze zur Verfügung stehen, sind Kenntnisse über die Auswirkungen der gewählten Modelle auf das Ergebnis von großer Bedeutung. Die Ergebnisse am Beispiel eines isothermen Freistrahls können dabei eine Hilfestellung sein. Der Hinweis von Randy McDermott zeigt, dass sich der Brandschutzingenieur zukünftig mehr Gedanken machen muss, welches Modell er für seine Untersuchung einsetzen soll. Der in der Vergangenheit vielleicht eingeschlichenen „plug and play„-Mentalität wird damit in der Zukunft ein Riegel vorgeschoben. Für die Auswahl des „geeigneten“ Turbulenzmodell für das „spezielle“ Problem in der täglichen Anwendung sind im Vorfeld aus heutiger Sicht umfangreiche Untersuchungen und Berechnungen notwendig, um eine Aussage über die Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen der einzelnen Modelle treffen zu können.

Fortsetzung folgt…

Vielleicht ist durch diesen Beitrag bei dem ein oder anderen Nachwuchs- und/ oder simulationsbegeisterten Brandschutzingenieur das Interesse geweckt worden, die Untersuchungen der in der aktuellen Entwicklerversion enthaltenen Turbulenzmodelle mit eigenen Testfällen und -ideen zu unterstützen und fortzusetzen.

Interessenten können sich für weitere Abstimmungen gerne unter info (at) f-sim.de melden.

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