Rauchwarnmelderpflicht – eine emotionale Bilanz

Mit der Gesetzesänderung am 21. März 2013 führte das Bundesland Nordrhein-Wesfalen zum 1. April 2013 die in § 49 (7) BauO NRW verankerte „Rauchmelderpflicht“ ein. Wohnungen, die bis zum 31. März 2013 errichtet oder genehmigt wurden, mussten spätestens bis zum 31. Dezember 2016 mit Rauchwarnmelder ausgestattet werden. Ein Jahr nach Einführung ziehen die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen eine positive Bilanz.

Positive Bilanz nach einem Jahr Rauchmelderpflicht

In einem Bericht von Nina Giaramita vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) wird Christoph Schöneborn vom Verband der Feuerwehren in NRW mit der Bilanz zitiert:

Insgesamt erhöhen die Rauchmelder die Sicherheit kolossal.

Die Anzahl von Feuerwehreinsätzen, so ist im Bericht zu lesen, habe sich allein in Dortmund im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 fast verdoppelt. Die Zahl der Einsätze in Siegen haben sich ebenfalls erhöht. Durch die Einführung der „Rauchmelderpflicht“ sei die Zahl der Fehleinsätze in die Höhe gegangen, die meist durch einen technischen Defekt oder leere Batterien ausgelöst werden. Karlheinz Richter von der Feuerwehr Richter wird dazu zitiert:

Diese zusätzlichen Einsätze nehmen wir aber gerne in Kauf.

Die Feuerwehr Bielefeld verzeichnet bis Anfang Dezember 50 Einsätze mehr als im Jahr 2016. Hans-Dieter Mühlenweg von der Feuerwehr Bielefeld wird dazu zitiert:

Dabei konnten wir nachweislich Menschenleben retten.

Dimensionen des Sicherheitsbegriffs

Vielleicht stellt sich dem ein oder anderen Leser auch die Frage, ob die Sicherheit wirklich „kolossal“ erhöht wurde. Was bedeutet dies? Die Rauchwarnmelder haben ihre Aufgabe erfüllt und Entstehungsbrände detektiert. Die Anzahl der Einsätze und Fehleinsätze ist ebenfalls gestiegen. Hat dies die Sicherheit nun erhöht?

Das Schadensausmaß eines durch einen Rauchwarnmelder entdeckten Entstehungsbrandes ist im Vergleich zum Schadensausmaß eines vollentwickelten Brandes in der Regel kleiner. Die Auftretenswahrscheinlichkeit bzw. Eintretenswahrscheinlichkeit eines Entstehungsbrandes ist durch die Einführung der Rauchwarnmelderpflicht nicht beeinflusst worden. Mit der Einführung der Rauchwarnmelderpflicht wird das Risiko somit nur durch das Schadensausmaß verringert.

In der Begriffsdefinition im Sinne der Risiko- und Gefahrenvermeidung liest man bei Wikipedia:

Sicherheit bezeichnet einen Zustand, der frei von unvertretbaren Risiken ist oder als gefahrenfrei angesehen wird.

Das vertretbare Risiko wird subjektiv und kulturell verschieden bewertet und festlegt. Die damit verbundenen Kosten aufgrund von Fehleinsätzen sollte man in diesem Zusammenhang nicht verschweigen. In unserer Gesellschaft werden diese Kosten im Vergleich zu den Kosten der Schäden ohne Einführung der Rauchwarnmelderpflicht akzeptiert.

Eine Möglichkeit das Risiko nicht nur einseitig zu minimieren, zeigt beispielsweise die Arbeit der Brandverhütungsstellen in Österreich. Neben der Empfehlung, Rauchwarnmelder zu installieren, werden in der Weihnachtszeit regelmäßig Hinweise zum Umgang mit den Brandgefahren in der Adventszeit gegeben. Durch die Umsetzung der Handlungsempfehlungen kann man die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Entstehungsbrandes aktiv beeinflussen. Diese stetige Sensibilisierung gegenüber von Brandgefahren wäre mit Einführung der Rauchwarnmelderpflicht wünschenswert. Die Arbeit der Brandverhütungsstellen in den vergangenen Jahrzehnten zeigt, dass dieser Weg auch zu einem nachhaltigen Erfolg führen kann.

Darüber hinaus sollten in eine ganzheitlichen Bilanz auch die Gründe für die erhöhte Anzahl von Einsätzen miteinfließen, die als Fehleinsätze aufgrund von technischen Defekten oder leeren Batterien in die Einsatzstatistik eingehen. Weshalb treten die technischen Defekte auf? Welche Umstände führen dazu, dass die Stromversorgung durch Batterien nach einer gewissen Zeit ausfällt?

Dimensionen des Sicherheitsbegriffs im Brandschutzingenieurwesen

Der Bericht zur Bilanz nach Einführung der Rauchwarnmelderpflicht zeigt einmal mehr, dass der Begriff Sicherheit zu einem emotional behafteten Themenkomplex gehört. Voraussetzung für die Anwendung von Methoden und Verfahren im Brandschutzingenieurwesen ist der bauordnungsrechtlich festgelegte Sicherheitszustand bzw. das Sicherheitsniveau. Die definierten Schutzziele dienen als Überprüfungskriterium zur Beurteilung des Handlungsbedarfs für die Erreichung der angestrebten Sicherheit.

Für die weiteren Entwicklungen im Bereich des Brandschutzingenieurwesens wäre es gut, wenn diese nicht nur emotional erfolgen würde. Der Fokus der Entwicklungen lag bisher auf den Methoden und Verfahren zur Berechnung und Ermittlung von Ergebnissen. Bei den Methoden und Verfahren zur Bewertung sollten die Dimensionen des Sicherheitsbegriffs nicht außer Acht gelassen werden, um die weiterhin existierenden Vorbehalte gegenüber der leistungsbezogenen Nachweisführung abzubauen.

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