the role of „strike appliances“

Die Autoren der O.R.B.I.T.-Studie stellten nach Auswertung der Einsatzdaten für das Jahr 1976 die Frage, ob von den 1.020 ermittelten Brandtoten weitere Personen hätten gerettet werden können und welche Bedingungen dafür hätten gegeben sein müssen.
Die Ergebnisse einer nicht näher zitierten Untersuchungsreihe an Brandtoten der Abteilung für Anästhesiologie an der Universität Würzburg ergab, dass eine Reduzierung der Eingriffszeit in Sekunden und Minuten nennenswerte Verbesserungen ermöglichen sollten. Nach Aussage der Autoren würde dies in Einklang mit den Ergebnissen einer englischen Untersuchung stehen. Wie bereits in einem vorhergehenden Blog-Beitrag geschrieben, verweisen die Autoren der O.R.B.I.T.-Studie auf den Artikel the role of „strike appliances“ von J.R. Pearson.

J.R. Pearson von der Feuerwehr der Graftschaft Cheshire, England, betrachtete im Rahmen einer Konferenz des Institution of Fire Engineers in seinem Beitrag die Möglichkeiten eines Schnelleinsatz-Löschfahrzeuges bzw. Vorausfahrzeuges für einen effektiven Erstangriff. Im Rahmen seiner Ausführungen trifft Pearson ohne Angabe eines Verweises die Aussage, dass in Großbritannien vom Einsatzstart bis zum Eintreffen jede zusätzliche Minute zwei Menschenleben pro 100 Brände mit Personengefährdung kostet.

It is estimated that in Britain each additional minute of attendance times to fire costs:

  1. Two lives for every hundred fires where life is at risk

Auf welcher statistischen Auswertung diese Aussage basiert, schreibt Pearson nicht. In weiterer Folge stellt Pearson in seinem Beitrag die Vorteile eines Schnelleinsatz-Löschfahrzeuges am Beispiel der Feuerwehr in der Grafschaft Cheshire vor.

Nach Auswertung der von den Autoren der O.R.B.I.T.-Studie zitierten Literaturquelle drängt sich ein weiteres Mal die Frage auf, ob das Kapitel 3.5.6.13 der O.R.B.I.T.-Studie überhaupt in dieser Form zitierfähig ist oder aufgrund von wissenschaftlichen Mängeln der Studie in diesem Abschnitt eine Datenerhebung und -auswertung für eine fundierte Aussage über den Verlust an Menschenleben bei Bränden und der daraus resultierenden Bedeutung für die Bedarfsplanung zu wiederholen ist.

Das Problem einer aussagekräftigen Statistik ist nicht neu. Schon in seinem Jahresbericht 2008 bemängelte das vfdb-Referat 4 „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“ unter Leitung von Prof. Hosser die noch immer ungelösten Frage einer bundeseinheitlichen Brandstatistik. Die Ausbeute aus der vom vfdb e.V. geförderten und empfohlenen Software STRES/INTERSTRES an nationalen Daten ist nach Aussage des Referat 4 immer noch sehr bescheiden. Aus diesem Grund muss zur Bewertung der Effizienz von Maßnahmen des baulichen, anlagentechnischen und abwehrenden Brandschutzes nach Aussage des Referats 4 im Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes weiterhin auf international verfügbare Daten zurückgegriffen werden.

Seit 2008 hat sich diesbezüglich leider immer noch nichts gerändert.

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die drei interessanten Beiträge zur ORBIT-Studie. Besonders der fehlende empirische Bezug zum Zusammenhang von Eingriffszeit und Brand- bzw. CO2-Toten ist frappierend. Gleichwohl hat der einmal in die Welt gestellte Zusammenhang durch seine Referenzierung in wissenschaftlichen Arbeiten für wahr genommen. Ähnliches gilt übrigens auch für die oft zitierte „golden hour of trauma/shock“ (Vgl. E. BROOKE LERNER, RONALD M. MOSCATIA (2001): The Golden Hour: Scientific Fact or Medical
    ‘‘Urban Legend’’?, in: CADEMIC EMERGENCY MEDICINE • July 2001, Volume 8, Number 7, pp. 758–760.)

    Gibt es die ORBIT-Studie online?

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